Schweizer Firmen und Gefängnisse sagen Drohnen den Kampf an

Beitrag aus der “Berner Zeitung” vom 1. Oktober 2016 mit Erwähnung von Koller Engineering:

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Neues Geschäftsfeld Abwehrsysteme gegen Drohnen

Schweizer Firmen und Gefängnisse sagen Drohnen den Kampf an

Weil immer mehr Drohnen am Schweizer Himmel kreisen, nehmen die Sicherheitsrisiken zu. Institutionen wie Gefängnisse reagieren nun – und rüsten mit Abwehrsystemen gegen die Gefahr aus der Luft auf.

In der Filmbranche wird sie für spektakuläre Luftaufnahmen gebraucht. Die Deutsche Bahn setzt sie für die Jagd auf Graffitispray- er ein. Und Onlineversandhändler wie Amazon wollen mit ihr gar das Transportwesen revolutionieren. Die Drohne – einst als Kriegsgerät vor allem in Militärkreisen bekannt – legt gerade eine steile Karriere hin. Auch hierzulande ist der ferngesteuerte Minihelikopter auf dem Vor- marsch. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) schätzt, dass heute über 20 000 Drohnen am Schweizer Himmel herumsurren – Tendenz rasant steigend.

Lasches Gesetz

Der Boom wirft aber auch Sicherheitsfragen auf. Zwar gelten gewisse Regeln, die etwa Drohnenflüge über Menschenansammlungen oder in der Nähe von Flughäfen verbieten. Nach heutigem Gesetz darf grundsätzlich aber jeder eine Drohne fliegen und braucht dafür weder eine Prüfung noch eine Bewilligung. Diese Gesetzgebung ist vielen zu lasch. Auf politischer Ebene wurde des- halb schon mehrfach versucht, die Vorschriften zu verschärfen. Eine Gesetzesänderung dürfte sich aber hinziehen (siehe Box).

Warten, bis für Drohnen strengere Regeln gelten, mag man allerdings nicht überall. Denn gerade für Institutionen wie Gefängnisse ist die potenzielle Gefahr aus der Luft inzwischen Realität geworden. So ist es in der Vergangenheit bereits in mehreren Schweizer Strafanstalten zu Vorfällen gekommen, bei denen versucht wurde, via Drohne Handys oder Drogen in den Innenhof zu schmuggeln. Als konkrete Massnahme wollen betroffene Gefängnisse wie etwa Bostadel im Kanton Zug oder Pöschwies im Kanton Zürich nun Detektionssysteme installieren. Diese sollen Drohnen in der Umgebung frühzeitig erkennen und kriminelle Drohnenflüge verunmöglichen. «Das grösste Risiko ist der Schmuggel von Schusswaffen, Munition oder Sprengstoff», sagt Marcel Ruf, Direktor der Justizvollzugsanstalt Lenzburg, die sich künftig ebenfalls vor Drohnen schützen will und in den kommenden Mo- naten auf dem ganzen Areal ein Detektionssystem installiert.

Auch Thorberg ist interessiert

Ein Thema sind die Drohnenabwehrsysteme auch bei der Berner Strafanstalt Thorberg. Zwar habe es dort noch keine entsprechen- den Zwischenfälle gegeben, sagt Thorberg-Direktor Thomas Egger. Aber: «Wir haben uns schon über die verschiedenen technischen Möglichkeiten informiert und verfolgen die Entwicklung der Systeme.» Angeboten werden diese in der Schweiz bislang nur von einer Handvoll Firmen. Eine von ihnen ist die Firma Koller Engineering im luzernischen Nottwil. Das Kleinunternehmen hat sich vor ein paar Jahren auf den Verkauf von Drohnen spezialisiert – und setzt mittlerweile auch auf Drohnenabwehrsysteme. Seine Spezialität: ein Abwehrsystem, das Drohnen aufgrund ihrer Akustik erkennt und dann Alarm schlägt. «Die Nachfrage ist in letzter Zeit deutlich gestiegen», sagt Geschäftsführer Andreas Koller. Anfangs habe er eine Anfrage pro Monat erhalten, unterdessen seien es zwei pro Woche.

AKW, Open Airs und Promis

Nebst Gefängnissen seien die Interessenten etwa Atomkraftwerke, Open-Air-Veranstalter oder private Firmen, die besonders heikle Daten beherbergten. Auch von Stadionbetreibern habe es schon Anfragen gegeben. Dort sorgt man sich weniger vor potenziellen Anschlägen, sondern vielmehr vor politisch motivierten Aktionen, wie es sie etwa 2014 während des Fussballspiels zwischen Serbien und Albanien gab, als plötzlich eine Drohne mit der grossalbanischen Flagge über das Spielfeld schwebte. Daneben gebe es zudem einige Prominente, die sich mit dem Warnsystem vor  Paparazzi schützen wollten. «Viele Firmen  informieren sich bei uns, zögern aber noch mit dem Kauf», sagt Koller. Konkrete Namen von Kunden und Umsatzzahlen will er keine nennen. Das Zögern der Interessenten dürfte auch an den Kosten liegen. So muss eine Firma mit einigermassen weitläufigem Areal bis zu 100000 Franken für ein Akustikabwehrsystem aufbringen. Eine Summe, die es offenbar noch nicht allen Kunden wert ist, zumal konkrete Fälle von gefährlichen Drohnenattacken noch selten sind. Für Koller ist aber klar, dass die Bedrohung eher zunehmen wird. «Die Firmen wollen sich langsam vorbereiten und für alle Fälle ein Konzept in der Schublade haben.»

«Geschäftsbereich wächst»

Ähnlich tönt es beim Rüstungskonzern Rheinmetall Air Defence, der schon seit längerem Abwehrsysteme für militärische Zwecke herstellt, bei dem aber vermehrt auch private Kunden anklopfen. «Der Geschäftsbereich wächst», bestätigt Vizedirektor Fabian Ochsner. Das Unternehmen stellt unter anderem Radarsysteme sowie Tag-und-Nacht-Kameras her, die schon am WEF zum Einsatz kamen. Nebst Erkennungssystemen, die vor Drohnen warnen, entwickelt Rheinmetall auch solche, die Drohnen im Notfall aktiv vom Himmel holen. Hier reicht die Palette von Lasersystemen, die Drohnen gezielt abschiessen, bis zu Störsendern, welche die Steuerung ausser Gefecht setzen. Im zivilen Bereich ist letztere Massnahme gesetzlich jedoch verbotenund daher in der Schweiz nicht praktikabel. Erlaubt für die aktive Drohnenbekämpfung sind hingegen Netzgewehre, wie sie etwa auch das Gefängnis in Lenzburg bereits besitzt.

Mit Adler gegen Drohnen

Dass es im Kampf gegen feindliche Drohnen jedoch nicht immer Hightechlösungen sein müssen, hat unlängst die niederländische Polizei bewiesen. In einem Pilotversuch setzte sie entgegen dem aktuellen Trend auf die natürliche Variante – und liess speziell ausgebildete Adler auf die Drohnen los.

Christoph Albrecht

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